Latex oder PrEP?
Auch wenn noch nicht in Deutschland zugelassen erscheint die Einführung der Präexpositionsprophylaxe (kurz: PrEP) als eine Revolution des Sexlebens. Meine Generation wuchs mit HIV auf und erreichte das sexuelle Alter mit der Vorstellung, dass Kondome ein fester Bestandteil des Geschlechtsaktes sind. Sex ohne Kondom war wie Alkohol am Steuer. HIV wurde als vermeidbare aber reale Bedrohung wahrgenommen. Auf der anderen Seite fühlen sich HIV-positive Menschen ausgegrenzt und stigmatisiert. Sogenanntes “Serosorting”, wo HIV-Negative Sex mit HIV-Positiven verweigern, ist häufig üblich, obwohl bei Kondombenutzung und häufig auf HIV Medikamenten kein Grund dafür besteht. Die Angst vor HIV ist zu hoch. Auch gibt es natürlich eine Minderheit die sich weigert ein Kondom zu benutzen und lieber das Risiko auf sich nehmen will, sich mit HIV zu infizieren. Wieder andere werden von ihrem Partner gezwungen auf Kondome zu verzichten, nehmen Geld für Sex ohne Kondom oder werden sogar vergewaltigt. Eine dünne Schicht aus Latex wurde bisher als der ultimative Schutz angesehen, einen HIV-negativen Menschen davor zu schützen HIV-positiv zu werden.
Nun gibt es eine Pille, die ein HIV-Negativer einnehmen kann, und die eine HIV Infektion in nahezu 100% der Fälle verhindert. Diese sogenannte Pre-Expositions-Prophylaxe (PrEP) ist eine einmal täglich einzunehmende Tablette (Truvada), bestehend aus zwei HIV-Medikamenten Tenfovir-Disoproxil und Emtricitabin. PrEP wird jeden Tag oder alternativ vor und Tage nach dem Sex eingenommen. Auch wenn es bisher nur in wenigen Ländern zugelassen ist, ist die Diskussion über PrEP bereits emotional aufgeladen. Während die einen die Verwendung von Kondomen als die einzige Möglichkeit als einen Schutz gegen HIV ansehen, sehen andere PrEP als echte Alternative zu Kondomen.
Die entscheidende Frage daher ist: kann PrEP wirklich Kondome ersetzen?
Die Antwort auf diese Frage ist klar, Nein. PrEP kann Kondome nicht ersetzen. Die WHO schreibt”[…], dass Menschen, die erhebliches Risiko haben sich mit HIV anzustecken, sollte PrEP als zusätzliche Präventionsmethode angeboten werden. Dies sollte im Rahmen einer umfassenden Prävention geschehen.” Dies bedeutet jedoch nicht, dass PrEP generell andere Präventionsmethoden ersetzen sollte. Stattdessen sollte PrEP denjenigen angeboten werden, die sich durch andere Mittel nicht schützen können, und diejenigen, wo es sich gezeigt hat, dass sie sich nur ungenügend vor HIV schützen. Anders ausgedrückt, PrEP könnte möglicherweise eine Option für Frauen in Entwicklungsländern sein, die nicht in der Lage sind, Sex von einem infizierten Partner zu verweigern oder deren Partner nicht bereit ist Kondome zu verwenden. Ebenso Denjenigen, die bereits ein hohes Risikoverhalten eingehen, sich weigern, Kondome zu benutzen oder mehrfach Kondome vergessen haben. Der Grund, dass PrEP nicht Kondome ersetzen kann ist so logisch wie auch einfach: PrEP verhindert die HIV Infektion, aber eben auch nur die HIV Infektion. Gonorrhoe, Chlamydien, Syphilis sind Erkrankungen, die sich alle auf dem Vormarsch befinden. Bei diesen bakteriellen Erkrankungen zeigt PrEP natürlich keine Wirkung. In der IPERGAY Studie in Frankreich, die zuletzt die Wirksamkeit von PrEP erneut gezeigt hatte, hatte eine schockierende hohe Anzahl von 30% eine sexuell übertragbare Krankheit. Während diese Infektionen behandelbar sind, können sie aber auch erhebliche Komplikationen wie zerebrale Defizite,Arthritis oder kardiovaskuläre Erkrankungen nach sich ziehen wenn sie nicht früh genug diagnostiziert werden.
Ein weiterer wichtiger Punkt ist es daher, dass es vermehrt Berichte gibt, bei denen eine HIV Infektion stattgefunden hat trotz optimaler PrEP. Diese Infektionen fanden mit Truvada-resistenten HIV Stämmen statt. Auch wenn dies bisher unwahrscheinlich ist, sollte dies in jedem Zweifel wecken, dass PrEP wirklich eine Alternative zu Kondomen ist, wenn eine Gefahr der Ansteckung besteht.
Obwohl es noch viele weitere Argumente für und gegen PrEP gibt (zB. Auch die möglichen Nebenwirkungen), sagen die Daten und Empfehlungen deutlich das PrEP das Kondom nicht ersetzen kann, aber definitiv eine sinnvolle Ergänzung zu den bisherigen Präventionsmethoden für einige darstellt. Letztendlich geht es darum mit allen Mitteln die HIV Epidemie einzudämmen und in jedem Einzelfall abzuwägen, was die beste Möglichkeit ist.
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